Notgeldscheine

Ein beliebtes Medium für die Propaganda waren auch die sogenannten Notgeldscheine.

Der Erste Weltkrieg hatte die Ressourcen im Deutschen Reich aufgebraucht und besonders Metall wurde so knapp und damit teuer, dass bald schon kaum noch Münzen in Umlauf waren. Die Regie-rung erlaubte den Kommunen darum, Notgeldscheine als Zahlungsmittel auszugeben. Diese Scheine wurden schnell zu beliebten Sammlerobjekten und selbst Banken, Unternehmen und einige Privat-personen gaben Serien mit immer neuen Motiven in Auftrag. Mit der Abstimmungszeit wurden zu-nehmend Wahlkampfmotive entworfen und diese zeigten häufig auch Kinder und Jugendliche.

Auf diesem deutschen Notgeldschein werden entschlos-sene Dänen (rechts) und Deutsche (links) im Tauziehen um die Stadt Flensburg, symbolisiert durch das Stadtwap-pen, dargestellt. Zwei Personen aber sind eher mittig an-geordnet, weil sie wohl nicht so sicher in ihrer Gesinnung gewesen sind: Ein Mann, der für die Deutschen zieht und sich von einem Paket abwendet, das auf dem Boden liegt, und ein Mädchen, das sich mit einem Paket in der Hand zur dänischen Seite wendet. Dies könnte eine Anspielung auf die Versorgungspakete aus Dänemark sein. Die Deut-schen warfen den Dänen damit Stimmenfang vor und be-zeichneten jene, die diese Pakete annahmen, als „Speck-dänen”. Der plattdeutsche Text mahnt darum: „Jungs, bleibt standhaft!”.

Auf dem zweiten Schein dieser kleinen Serie wird dieselbe Szene nach einem deutschen Sieg gezeigt: Die Dänen liegen geschlagen am Boden und die Deutschen jubeln. Das Mäd-chen hat nun kein Paket mehr und scheint ihre Wahl zu be-reuen, indem sie sich nun von den Dänen abwendet.

Diesen Notgeldschein lässt der deutschgesinnte Gutsvor-steher des Ortes Süderholz bei Sonderburg ein paar Mo-nate vor den Abstimmungen drucken. Er zeigt ein teils von Wasser umgebenes Jahrmarktkarussell mit einem Zelt-dach in den schleswigschen Farben. Das Fahrgeschäft soll die Geschichte Schleswigs darstellen, und die mitfahren-den Kinder verkörpern mit ihren Fahnen die jeweiligen Etappen dieser Geschichte. Der Junge unter der Jahres-zahl 1460 hält eine schleswigsche Fahne, der Junge unter dem Jahr 1864 eine Fahne mit den preußischen Farben und als Vorgriff auf die kom-menden Wahlen schwenkt ein Kind unter dem großen 1920-Schild die „Dannebrog”. Der letzte Junge, der neben einer dänischen Fahne auf der Hose auch die Fahne der Internationalen Kommission trägt, will dafür sorgen, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht: Er bietet einem bri-tischen Herren an, das Karussell zu besteigen, und zwar: „Je eher, je lieber”. Vermutlich ist dies als Kritik an der Parteilichkeit der CIS zum Vorteil der Dänen zu ver-stehen.

Als nicht weniger als „Unsere Hoffnung” bezeichnet die Gemeinde Husbyholz die deutsche Jugend auf ihrem Not-geldschein. In einem Vierzeiler wird den Feinden der Deutschen (in diesem Fall den Dänen) mit der Macht der Heranwachsenden gedroht, wenn diese sich erst einmal gesammelt haben würden, um ins Geschehen einzugrei-fen. So zeigt die Darstellung dann auch, wie die Jugend auf dem Weg zum Gipfel eines Berges zusammenkommen wird. Der Berg ist kulturübergreifend ein Symbol für die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die geistige Reife und Entwicklung beginnt mit dem Aufstieg und das Ziel ist der Gipfel, um zur wahren Erleuchtung zu gelangen. Der Weg auf einen Berg symbolisiert zudem die Bewältigung der größten Schwierigkeiten.

Im zu Dänemark zurückgekehrten Nordschleswig wurden die Notgeldscheine nicht lange nach der Abstimmung verboten. Im bei Deutschland verbliebenen Teil Schleswigs wurden sie noch bis zur Einführung einer neuen Währung im Jahre 1923 gedruckt. So zeigen einige Scheine aus der Zeit nach den Abstimmungen, wie die Ergebnisse und die neue Grenze thematisch aufgegriffen wurden. Auf deutscher Seite wurde der Verlust Nordschleswigs thematisiert und dabei oft die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass eine neue Generation das Land zurückgewinnen möge.

In Dänemark hingegen steht nach der Abstimmung die Freude über den Anschluss Nordschleswigs im Vorder-grund. „Unser Wunsch ist am 10. Februar 1920 in Erfüllung gegangen” titelt dieser Notgeldschein der Gemeinde Daler und auf dem Bild wird im Kreise der Familie die dänische Flagge gehisst.